Die besten Hölzer für den Gitarrenbau - Interview mit Rafa de Valeriano

Matthias Hafner • 14. November 2021

Eine Gitarre aus 500 Jahre alten Möbelhölzern aus dem "Palacio" der königlichen Münze in Sevilla...?

Heute sind wir zu Gast im kleinen Bergdorf Algodonales, in den Bergen von Cadiz, Andalusien bei der Gitarrenbauer-Familie "Valeriano Bernal". Der Sohn des berühmten Valeriano Bernal, Rafael baut hier seine Meistergitarren unter dem Namen "Rafa de Valeriano" und führt die Gitarrenbau-Tradition in der Familie fort, nachdem sein Vater Valeriano 2018 verstorben ist. 
In der familiär geführten Werkstatt spürt man sofort die Liebe und Hingabe, mit der hier die Hölzer und Instrumente geehrt werden.
Valeriano Bernal - Flamencogitarren

Valeriano Bernal - (1938-2018) gehört zu den berühmtesten Gitarrenbauern in Andalusien - rechts im Bild sein Sohn Rafael


Rafael, welches Korpusholz ist Dein persönlicher Favorit?

Ich persönlich würde mich für eine Blanca aus Zypresse entscheiden, oder unter Umständen „Cedro de Libano“, dieses Holz hat einen ganz besonderen Klang. 

Aber wenn ich selbst mal eine Gitarre zum spielen in die Hand nehme, greife ich meist zu einer Blanca aus Zypresse. Vielleicht ist es auch einfach die Gewohnheit. Aber ich mag den perkussiven Klang. 


Was ist das besondere an „Cedro de Libano“? 

Dieses Holz ist der Zypresse sehr ähnlich, auch im Klang. Das Holz dieser Gitarre hat mein Vater Valeriano Bernal in Sevilla erworben. Es stammt aus dem „Palacio de la Moneda“ in Sevilla. 

Das monumentale Gebäude in Sevilla wurde vor einigen Jahren restauriert und wir haben Holz aus den Einrichtungen, Portalen usw. erworben. Nun sind wir in der glücklichen Lage dieses historische Holz, das schon einige Jahrhunderte alt ist, für den Bau von ganz besonderen Meistergitarren zu verwenden. 


Anmerkung der Redaktion: Der Palacio de la Moneda wurde im 16 Jahrhundert gebaut und diente als Münzprägeanstalt für Gold und Silbermünzen. Die Königliche Münze von Sevilla war das Gebäude, in dem im 16. und 17. Jahrhundert Münzen mit Gold und Silber aus Amerika geprägt wurden. Im Jahr 2000 wurde das Gebäude restauriert und Hölzer aus diversen Einrichtungsgegenständen und Portalen zum Verkauf angeboten. 

Meistergitarre  von Rafa de Valeriano mit Korpusholz aus 500 Jahre altem "Cedro de Libano"

Und welches Holz ist Dein persönlicher Favorit für die Decke der Gitarre ?

Nun, die Decke ist das klangliche Herz der Gitarre. Ich bin ein großer Fan von Pino Abeto (Fichte). Obwohl die Zeder

insbesondere anfangs sehr dankbar und warm klingt, entwickelt sich der Klang nicht mehr besonders im Laufe der Zeit.

Dies ist bei Fichte anders. Der Klang steigert sich von Woche zu Woche, wenn Du die Gitarre regelmässig spielst.

Fichte hat meiner Meinung auch mehr Nuancen in den Klangfarben.


Wie lange dauert es ungefähr bis sich die Fichtendecke voll entwickelt hat?
Klar, das kommt immer darauf an, wie oft sie gespielt wird, aber in den ersten beiden Jahren spürt man nochmals einen deutlichen klanglichen Schub.


Und nach welchen Kriterien suchst Du die Decken aus?
Man mag denken, dass enge und regelmässige Jahresringe auch zum besten Klang führen, doch die Erfahrung über die Jahre zeigt, dass es ästhetisch wunderbar gleichmässig und eng gewachsene Fichtendecken gibt, die im Klang dann enttäuschen. Auf der anderen Seite gibt es Fichtendecken, deren äußeres Erscheinungsbild durch breitere oder unregelmässige Jahresringe nicht darauf schließen lassen, das am Ende ein erstklassiger Klang erzeugt wird. Optik ist hier nicht das allein entscheidende. Wichtige Faktoren sind Klang- und Klopftest, Härte und Festigkeit. Letzten Endes ist es auch optisch die Geradheit der Jahresringe und auch die Flexibilität des Holzes.


Gehen wir zurück zum Korpusholz, welche Meinung hast Du zu Palisanderholz, den sogenannten "Negras" ?
Historisch betrachtet war Rio-Palisander aus Brasilien die beste Wahl was das Korpusholz für die "Negras" betrifft.
Heutzutage wird viel Indischer Palisander und auch Palisander aus Madagaskar verwendet. Madagaskar-Palisander kommt klanglich dem Rio-Palisander am nächsten.

Aber ist Rio-Palisander nicht verboten?
Ja, korrekt, Rio-Palisander steht seit einigen Jahren auf dem Index der CITES. Ich finde es auch richtig, dass diese seltenen Hölzer geschützt werden. Ich weiss, dass man in den USA noch Rio-Palisander mit CITES-Zertifikaten kaufen kann, doch hier in Spanien nicht. Als die Bestimmungen verschärft wurden, hatten viele Gitarrenbauer regelmässig Besuch von Inspektoren der "Guardia Civil" (spanische Militär- und Zivilpolizei) um zu prüfen, ob noch Bestände an Rio-Palisander die nicht zertifiziert sind, im Bestand oder im Verkauf sind.
Hier an der Wand hängt noch eine Gitarre aus Rio-Palisander, ein  Andenken, das die Guardia Civil vor vielen Jahren "verplombt" hat (lacht). Ich lasse sie auch so hängen, ein Souvenir aus alten Zeiten.

Die letzten Rio-Palisander Hölzer hat mein Vater noch eingekauft, ich glaube das war in den Achtzigern. Kurz darauf kamen dann die Probleme mit CITES und die Hölzer mussten zertifiziert werden. Die Bestimmungen wurden dann über die Jahre weiter verschärft.
Heutzutage verwenden wir stattdessen nun Madagaskar-Palisander oder Indischer Palisander für die Negra-Gitarren.


Wie alt muss das Holz sein, bevor es verarbeitet wird ?

Wenn wir von tropischen Hölzern sprechen wie Madagaskar-Palisander oder Indischer Palisander, diese Hölzer brauchen viel Zeit, bevor sie verarbeitet werden können. Ich würde mal sagen minimum 15 Jahre oder natürlich besser auch mehr. Die Palisanderhölzer die wir dieses Jahr verwenden sind je nach Modell zum Beispiel aus den 80ern oder Anfang der 90er Jahre.


Im Holzlager ist auch ein großer Bestand an Zypressenholz, wie mir Chari gezeigt hat?

Ja, spanische Zypresse haben wir sehr viel im Bestand. Die historischen Hölzer haben wir damals noch bei Eladio Fernandez eingekauft, dem Bruder vom Gitarrenbauer Gerundino Fernandez, der seinerzeit viele Gitarrenbauer mit Holz versorgt hat. Zypresse kaufen wir auch in Holzstämmen ein und spalten diese in unserem kleinen Sägewerk.

Zypresse braucht nicht so lange an Zeit zum Trocknen wie die Tropenhölzer. Theoretisch kann es schon nach 7 Jahren verarbeitet werden.
Durch den hohen Bestand an Zypressenholz, den wir haben, können wir unser aber den Luxus erlauben auf Holz zurückzugreifen, das schon 20-25 Jahre abgelagert ist.

Beim Griffbrett verwenden wir Ebenholz. Auch Ebenholz braucht minimum 6-7 Jahre, bevor es verarbeitet werden kann, und keine Risse entstehen.

Schlussendlich kann man sagen, dass es auf die Holzart ankommt. Es ist auch ein Mythos zu sagen, dass Holz dass seit Jahrzehnten lagert das bessere Holz ist. Holz lebt und arbeitet auch nach vielen Jahren noch, es nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab.

Das Geheimnis ist, den richtigen Zeitpunkt für das entsprechende Holz zu finden, wann es die richtige Balance zwischen Feuchtigkeitsaufnahme  und Abgabe gefunden hat, um zur Gitarre verarbeitet werden zu können.

Die Gitarre ist kein Instrument aus totem Holz, das Holz lebt und hat Seele, und mit ihm auch die Gitarre.


Gibt es weitere Hölzer, die Du für Flamencogitarren benutzt, wie z. B. Nogal oder Ebano Verde ?
Wir haben Nogal im Bestand, optisch ein sehr schönes Holz, aber für Flamenco nicht geeignet. Im klassischen Bereich baue ich öfters mal eine Gitarre aus Nogal, aber für Flamenco nicht.
Im Bereich der Flamencogitarren beschränkt sich die Nachfrage bei den Gitarristen auf Zypresse und Palisander, oder auch Cedro de Libano, was der Zypresse sehr nahekommt. Aber hier in Spanien werden nur 2 Hölzer nachgefragt - Zypresse oder Palisander. Da sind die Flamencos hier in Spanien sehr traditionell eingestellt. Andere Holzvarianten werden wenn dann nur aus dem Ausland nachgefragt.

Auch Coral Palo Rojo zum Beispiel. Ein sehr schönes Holz mit wunderbaren Klangeigenschaften, auch für Flamenco.

Beim Korpusholz ist die Auswahl mittlerweile sehr vielfältig.
Viel wichtiger für den Klang ist aber die Decke wie eingangs erwähnt. Die Decke ist die Seele der Gitarre.
Das Korpusholz formt dann in seiner Weise noch die Farbe des Klangs.


Traditionell, man kann sagen, so bis in den 90er Jahren waren die verwendeten Hölzer auf 3-4 beschränkt, da verwendete man Fichte, Zeder, Zypresse, Palisander. Ab 2000, sicher auch im Zuge des Wandels durch das Internet kamen über die Distributoren natürlich weltweit weitere Hölzer hinzu und man hat heute die Möglichkeit unzählige Hölzer aus allen Teilen der Welt zu beziehen.


Mein persönlicher Favorit ist die Kombination Fichte/Zypresse. Muy flamenco! Aber der persönliche Geschmack ist so unterschiedlich wie die Vielzahl der wunderschönen Hölzer dieser Welt!

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